BÜCHER: Was Rechte von Marx lernen können

„Marx von rechts“ lautet der kontroverse Titel der aktuellen Neuerscheinung des Jungeuropa Verlags aus Dresden. Bereits im Vorfeld sorgte das Buch für reges Interesse – schließlich gilt Karl Marx seit jeher als der linke Denker schlechthin.
Stefan Juritz
Kommentar von
25.8.2018
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3 Minuten Lesezeit
BÜCHER: Was Rechte von Marx lernen können

Buch „Marx von rechts“ / Bild: Die Tagesstimme

„Marx von rechts“ lautet der kontroverse Titel der aktuellen Neuerscheinung des Jungeuropa Verlags aus Dresden. Bereits im Vorfeld sorgte das Buch für reges Interesse – schließlich gilt Karl Marx seit jeher als der linke Denker schlechthin.

Rezension von Stefan Juritz

Doch in Zeiten, in denen die zeitgenössische Linke bereits ihren Frieden mit dem kapitalistischen System geschlossen hat und die soziale Frage aus den Augen verliert, greifen die jungen „Neuen Rechten“ ebendiese Frage wieder auf – und das ganz ohne Berührungsängste mit dem großen Philosophen aus Trier.

Von Marx Lernen?

Die „Neue Rechte“ streitet um den Umgang mit der sozialen Frage, hält Herausgeber Philipp Stein im Vorwort zum Buch fest. Denn diese „Neue Rechte“ ist bekanntlich sehr unterschiedlich, es finden sich darin libertäre bis eher sozialistische Standpunkte. Sobald der Name „Marx“ fällt, kommen den meisten Rechten automatisch die Massenmorde kommunistischer Regimes in den Sinn.

Doch um den Marxismus als Doktrin und seine kommunistischen Jünger geht es den Autoren des vorliegenden Bandes nicht. „Marx von rechts“ will zeigen, wie Gedanken des Philosophen für eine rechte Kapitalismus-Kritik fruchtbar gemacht werden könnten.

„Von Marx können wir Rechten lernen, was den Kapitalismus im Innersten zusammenhält und welche Mechanismen diesem sich selbst steuernden Riesen zu seinem Siegeszug verholfen haben.“ (Philipp Stein)

Logik des Neubeginns

Das Buch ist in vier Kapitel unterteilt. Im ersten Teil zeichnet der deutsche Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser eine kurze Geschichte rechter Kapitalismuskritik in Deutschland nach: von preußischen Konservativen wie Karl Rodbertus (1805-1875) über Vertreter des national- und sozialrevolutionären Flügels der Konservativen Revolution bis zur „Neuen Rechten“. Weiters gibt Kaiser einen Überblick über Das Kapital und benennt dabei auch Ideen und Begriffe für eine antikapitalistische Rechte.

Seiner Ansicht nach könne sich die Rechte – im Gegensatz zur Linken – dem Werk Marxens unbefangen nähern und im Rahmen einer „Logik des Neubeginns“ das „intellektuell Spannende vom doktrinären und ‚irrenden‘ Ballast scheiden“. Die Marx-Lektüre sei jedenfalls nötig, so Kaiser, „weil jeder Antikapitalismus fruchtlos bleiben muss, der seine Auseinandersetzung – so kritisch sie auch sein möge – mit dem tiefschürfenden Kapitalismus-Analytiker Marx scheute“.

„Ich bin, was ich habe“

Der französische Philosoph und Vordenker der „Neuen Rechten“, Alain de Benoist, widmet sich dann in zwei Kapiteln dem „Warenfetischismus“ und der „Wertkritik“. Im Kapitalismus werde der Marx’schen Analye zufolge die Ware zum „Fetisch“. Das drücke sich darin aus, dass soziale Beziehungen in der Gesellschaft nur noch durch die vermittelnde Rolle der Ware stattfänden. Die zwischenmenschlichen Beziehungen würden „verdinglicht“ – alles und jeder werde zur Ware. Das Sein des Menschen beschränke sich letztlich auf das Haben: „Ich bin, was ich habe.“ Die Dinge, die der Mensch selbst produziert, steuern ihn fortan.

Ende der Ideologien?

Am Ende des Buches kommt der italienische Geschichtsphilosoph und Marx-Experte Diego Fusaro im Kapitel „Geschichte, Ideologie, Wahrheit. Marx und die Deduktion der Kategorien“ zu Wort. Darin analysiert er unter anderem die Wirklichkeit verzerrende und scheinbar „ideologiefreie Ideologie der Rationalität“. Sie erwecke im Bewusstsein der Bewohner des „absolut-totalitären Kapitalismus“ die Illusion, sie lebten in einer „post-ideologischen“ Welt.

„Die perfekte Ideologie ist jene, die sich dadurch unsichtbar macht, indem sie das Ende der Ideologien zelebriert.“ (Diego Fusaro)

All jene hingegen, welche die derzeitigen Zustände infrage stellen, klagt man schließlich als „Ideologen“ an. Dadurch sollen Alternativen zur herrschenden Marktlogik gar nicht mehr gedacht werden können. Kapitalismus und Liberalismus präsentieren sich als scheinbar „natürliche“ und einzige Lebens- und Gesellschaftsformen.

Fazit

Aufgrund der Ereignisse seit der Asylkrise 2015 haben weite Teile des patriotischen Milieus den Fokus auf die Realpolitik, Vernetzung und den Aufbau von Strukturen gelegt. Dadurch sind grundsätzliche Fragen abseits von Einwanderung, Asyl und der demographischen Entwicklung ins Hintertreffen geraten. Das Buch „Marx von rechts“ wirkt dem nun entgegen. Die Diskussion um das von Rechten zumeist eher stiefmütterlich behandelte Thema „Wirtschaft“ ist damit eröffnet!


Das Buch „Marx von rechts“ kann man für 22 Euro beim Jungeuropa Verlag oder Phalanx Europa bestellen.

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Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Stefan Juritz

Stefan Juritz

Stefan Juritz wurde 1988 in Kärnten geboren und lebt in der Steiermark. In Graz studierte er Germanistik und Philosophie an der Karl-Franzens-Universität. Seit 2022 ist er FREILICH-Chefredakteur.

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