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Rassismusvorwurf: Gericht ermittelt gegen Ex-F1-Weltmeister Piquet

Die Debatte rund um einen vermeintlich rassistischen Sager des dreifachen Formel-1-Weltmeisters Nelson Piquet ist um eine Facette reicher. Denn nun entschied ein brasilianisches Gericht, auch offiziell ein Verfahren gegen den Ex-Rennfahrer einzuleiten.
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Rassismusvorwurf: Gericht ermittelt gegen Ex-F1-Weltmeister Piquet

Foto: Fabiano Neves / Secretária de Economia / Agência Brasília, Flickr [CC BY 2.0] (Bild zugeschnitten)

Die Debatte rund um einen vermeintlich rassistischen Sager des dreifachen Formel-1-Weltmeisters Nelson Piquet ist um eine Facette reicher. Denn nun entschied ein brasilianisches Gericht, auch offiziell ein Verfahren gegen den Ex-Rennfahrer einzuleiten.

Brasilia. – Die Causa geht eigentlich auf den vergangenen November zurück. Damals sagte Piquet in einem brasilianischen Podcast im Bezug auf Siebenfach-Weltmeister Lewis Hamilton: „Dieser Neguinho stellt einfach das Auto ab und geht.“ Medien weltweit zimmerten daraus einen Rassismus-Skandal, weil die Bezeichnung wörtlich übersetzt so viel wie „kleiner Neger“ heißt. In Brasilien wird es allerdings als saloppe Bezeichnung für Personen jeder ethnischen Herkunft verwendet. In der wörtlichen Übersetzung hieße dieses dann so viel wie „Kerlchen“ oder „Typ“.

Piquet beruft sich auf Doppelbedeutung des Wortes

Auf diese Doppelbedeutung beruft sich Piquet, der in der Königsklasse des Motorsports 1981, 1983 und 1987 Weltmeister wurde. Er beteuert, keinesfalls einen Fahrer aufgrund der Hautfarbe herabgewürdigt zu haben: „Was ich gesagt habe, war unbedacht, und ich wehre mich nicht dagegen. Aber ich möchte klarstellen, dass der verwendete Begriff im brasilianischen Portugiesisch umgangssprachlich als Synonym für ‚Kerl‘ oder ‚Person‘ verwendet wird, und nie beleidigend gemeint war.“

Die Causa ist auch deshalb pikant, da Piquet in der spannenden Titel-Entscheidung wohl kaum die Position eines neutralen Beobachters innehatte. Immerhin ist seine Tochter Kelly mit dem amtierenden Weltmeister Max Verstappen liiert. Zum Zeitpunkt der Äußerungen lieferte sich der Holländer ein erbittertes Duell um die Krone der wichtigsten Motorsport-Serie. Der „Schwiegersohn“ stellte sich zuletzt ebenfalls hinter ihn. Zwar hält er die Äußerung falsch, aber Piquet sei „sicher kein Rassist“.

Rückendeckung von Ex-Formel-1-Chef Ecclestone

Als die Äußerung publik wurde, warf Hamilton Piquet vor, mit „archaischen Denkweisen“ zu arbeiten. Sogar die aktuelle Formel-1-Führung distanzierte sich. Rückenwind kam indes vom früheren F1-Boss Bernie Ecclestone. Dieser sagte: „Leute sagen Dinge, und sie tuscheln, wenn andere etwa übergewichtig sind. Oder wie in meinem Fall ein wenig kleinwüchsig […] Mich wundert es, dass Lewis das nicht einfach beiseite schiebt […] Nelson hat sich entschuldigt, eigentlich sollten alle zufrieden sein.”

Bei seinen ersten beiden Titeln fuhr Piquet für das Brabham-Team, das dem Briten einst gehörte. Die Parteinahme den brasilianischen Ex-Rennfahrer ging international etwas unter. Denn im selben Interview hatte Ecclestone sich zum Ukrainekrieg geäußert. Der 91-jährige Brite ist weiterhin der Ansicht, wonach es sich bei Wladimir Putin um eine „vernünftige Person“ handle, der einfach einen Fehler gemacht habe. Zugleich unterstellte Ecclestone Selenskyj eine Mitschuld am Ukrainekrieg.

NGO-Anzeige: „Schwarzen einen Schaden zugefügt“

Doch einige Akteure wollen die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Denn vier NGOs erstatteten Anzeige gegen Piquet. Sie fordern umgerechnet 1,86 Mio. Euro an Schadensersatz. Mit seiner Äußerung, so deren Logik, habe er „schwarzen Menschen erheblichen Schaden zugefügt“. Zudem habe er sich auch abfällig gegen LGBTIQ-Personen geäußert.

Darüber hinaus lancierten drei Abgeordnete des brasilianischen Parlaments eine Beschwerde gegen das Motorsport-Idol. Nun hat Piquet 15 Tage Zeit, um sich vor dem Bundesgerichtshof zu äußern. Im allerschlimmsten Fall könnten dem einstigen Rennfahrer bis zu fünf Jahre Haft drohen, berichtet der ORF unter Berufung auf internationale Agenturen.

Soll eigentlich Bolsonaro geschwächt werden?

Der Umstand, dass sich auch Parlamentsmandatare äußern und der Fall gerichtsanhängig werden soll, könnte indes auch eine politische Komponente haben. Denn Piquet gilt als glühender Anhänger des konservativen Präsidenten Jair Bolsonaro. Dieser muss sich in diesem Herbst einer Wiederwahl stellen. Der von vielen Beobachtern als „Trump Brasiliens“ titulierte Politiker war mit dem Versprechen ins Amt gekommen, mit der Korruption im Lande aufzuräumen. Damit machte er sich auch mächtige Feinde.

Immer wieder zettelten Personen politische Gegner Verfahren gegen den Präsidenten an. So wollten sie ihn verurteilen lassen, weil er auf Lockdowns verzichtete, was ihrer Ansicht nach einem „Massenmord“ gleichkäme. Ein anderes Mal wurde ihm die Verbreitung von „Falschnachrichten“ zum Vorwurf gemacht, weil er sich gegenüber dem offiziellen Corona-Narrativ kritisch geäußert hatte. Das Höchstgericht erteilte Bundesstaaten sogar die Befugnis, am Staatschef vorbei Impfpflichten zu erlassen.

Bolsonaro wiederum wusste dies zu nützen und konnte hunderttausende Bürger für Demonstrationen am Nationalfeiertag im September mobilisieren. Dabei positionierte er sich weiterhin als Held des Volkes, den korrupte Netzwerke im brasilianischen Justizsystem zu Fall bringen wollen würden. Piquet saß an jenem Tag am Steuer des Präsidenten-Autos und begleitete Bolsonaro auch auf die Bühne.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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