Warum der 17. Juni 1953 mehr als nur ein Protest gegen den Sozialismus war
Wer den 17. Juni 1953 lediglich als antisozialistischen Protest versteht, unterschlägt dessen eigentlichen Impuls, den Ruf nach nationaler Selbstbestimmung. Bruno Wolters plädiert dafür, sich an den Aufstand als Freiheitsbewegung mit sozialem und nationalem Anspruch zu erinnern.
Der 17. Juni 1953 wird heute allgemein als antisozialistischer Aufstand betrachtet, als Revolte der Arbeiter gegen das SED-Regime. Doch diese Deutung greift zu kurz. Wer die Quellen und Literatur genau liest – wie das umfangreiche Buch „Aufstand für Deutschland” des Nationalrevolutionärs Wolfgang Strauss –, erkennt, dass der Aufstand auch eine nationale Erhebung war. Es ging nicht nur um bessere Normen, sondern um Freiheit und nationale Selbstbestimmung, um Deutschland.
„Ein waffenloses Arbeiterheer“ kämpfte nicht nur gegen Ulbricht
Die Demonstranten waren Arbeiter, junge Menschen, Betriebsräte, einfache Bürger. Doch ihre Forderungen zielten weit über ökonomische Verbesserungen hinaus. Sie forderten Einheit, Freiheit und Selbstbestimmung – kurz: Deutschland. Der Aufstand war eine spontane, aufrechte Rebellion. Es gab kein westliches Drehbuch, keine CIA und keinen orchestrierten Coup. Es war ein moralisches Erwachen. Die rote Fahne, einst Symbol der Hoffnung, war für viele zum Symbol der Unterdrückung geworden. Die Sowjetpanzer rollten – aber auch der nationale Wille.
Viele der Aufständischen dachten weiter: Sie wollten sich weder dem sowjetischen Kollektivismus noch dem westlichen Materialismus unterwerfen. Die Idee eines „deutschen Sozialismus“ – sozial gerecht, demokratisch und national – war weitverbreitet. Strauss schreibt oft vom Begriff „moralischer Sozialismus“: Volkseigentum, Arbeiterselbstverwaltung, Solidarität, aber eben auch ein klares Nationalbewusstsein. Es war eine Rückbesinnung auf das Eigene, eine Abwehr des drohenden Identitätsverlustes im Kalten Krieg.
Die stille Mitschuld des Westens
Ernüchternd ist die passive Haltung des Westens. Der Aufstand wurde zwar mit wohlwollender Rhetorik begleitet, jedoch ohne praktische Hilfe. Die Integration in westliche Bündnisse war wichtiger als nationale Selbstbestimmung. Auch die SPD hat durch ihre Schweigsamkeit zur Revolte viel von ihrer moralischen Autorität verloren. Der 17. Juni wurde nicht verteidigt, sondern verwaltet.
Strauss beendete sein Buch mit einem klaren Bekenntnis: Nation und Sozialismus schließen sich nicht aus – im Gegenteil. Die versuchte Revolution von 1953 war kein „faschistischer Rückfall“, wie die SED in ihrer Propaganda immer wieder betonte, sondern ein zukunftsgewandter Aufbruch. Der Wille zur Einheit war keine Reaktion, sondern eine Vision. Die „Bekennergeneration“ des Ostens habe diesen Impuls bewahrt, schreibt Strauss. Der 17. Juni war nicht der Beginn des Endes, sondern ein Anfang, der unter Panzern begraben wurde.
Der heutige Tag war kein Aufstand „gegen den Osten“ und auch kein Vorgriff auf den Westen. Es war ein Aufstand für Deutschland. Wer ihn nur antisozialistisch liest, verkennt seinen Kern. Es war eine nationale Erhebung, getragen von Deutschen, Mut und einer Vision: Deutschland soll frei sein. Solidarisch und national.