GegenUni: „Es braucht eine Uni abseits des engen Meinungskorridors“
Seit einigen Wochen gibt es rechte Bildungsarbeit auf „E-Learning“-Basis. Wer sich einschreibt, kann zahlreiche Lesekreise und Seminare online besuchen. Die TAGESSTIMME sprach mit Erik Ahrens, dem Leiter der „GegenUni“, über das neue Projekt, historische Vergleiche mit der linken „Gegenuniversität“ und dem aktuellen Zustand der deutschen Hochschulen.
TAGESSTIMME: Können Sie zu Beginn einmal kurz vorstellen, was ist die „GegenUni“, welchen Zweck verfolgt sie und vor allem was macht die „GegenUni“ eigentlich?
Erik Ahrens: Zunächst einmal herzlichen Dank für die Möglichkeit, unser Projekt vorzustellen. Um die GegenUni zu verstehen, ist es hilfreich, zunächst den Hintergrund ihrer Entstehung kennenzulernen: Ein bekannter patriotischer Aktivist aus Wien trat an mich heran mit der Idee, ein politisches Gegenstück zu beliebten Bildungs-Apps wie Blinkist, QuickRead oder getAbstract zu schaffen. Allen diesen Angeboten ist gemein, dass sie Sachbücher in kurze Audio-Zusammenfassungen packen, die die Nutzer sich anhören und so die wesentlichen Informationen daraus in kurzer Zeit ziehen können.
Ich fand diese Idee sofort großartig, und so entschlossen wir uns, gemeinsam daran zu arbeiten. Doch schon in der Planungs- und Entwurfsphase stellten wir fest: Ein solches Angebot für Zusammenfassungen ist viel zu wenig, und das aus einem ganz bestimmten Grund. Die Bücher, die auf den zuvor genannten Plattformen zusammengefasst werden, entstammen alle dem gesellschaftlichen Mainstream – es geht um Themen wie Wellness, Mitarbeiterführung, Naturwissenschaft oder eben um linksliberale politische Anliegen. Mit anderen Worten: Das Publikum ist auf diese Inhalte bereits vorbereitet, denn sie liegen genau im »Frame«, den der politisch-mediale Komplex verbreitet.
Dissidente Gedanken lassen sich jedoch nicht auf dieselbe Weise einfach zusammenfassen. Hier geht es eindeutig vielmehr um die Erfahrung, die der Leser bzw. Denker selbst macht: Die Erfahrung, die Grenzen des Sagbaren und Denkbaren zu überschreiben, mit gesellschaftlichen Tabus zu brechen, neue Grundlagen das Weltsicht zu schaffen und dabei schließlich auch eigene Prämissen zu überdenken. All das lässt sich kaum in einer Buchzusammenfassung vermitteln; hingegen braucht es einer Einführung, einer Kontextualisierung samt Hintergrundinformationen und schließlich einer geführten Anleitung durch das Denken und Schreiben rechter Autoren wie zum Beispiel Carl Schmitt oder Alain de Benoist. Kurz gefasst: Es braucht eine Universität, aber eben eine Universität, die sich sich abseits vom engen Meinungskorridor der Unis positioniert – eine GegenUni. Dies haben wir in Form unserer eLearning-Plattform etabliert.
Sind ausschließlich „neurechte“ Inhalte geplant oder auch unpolitische, die aber für politische Menschen dennoch sicherlich interessant sind, wie juristische Themen oder Kommunikationstechniken?
Es ist uns sehr wichtig, nicht nur Inhalte aus einer bestimmten politischen Nische anzubieten, sondern uns zumindest dem Anspruch nach an ein sehr breites Publikum zu richten. Es ist ja zunächst einmal nicht so, dass die Neue Rechte für immer dazu verdammt ist, ein Schattendasein am Rande der Gesellschaft zu führen. Im Gegenteil: Die Zeit ist mehr als reif für eine tiefgreifende Verschiebung im Meinungskorridor, und die Entwicklungen der letzten Jahre stellen unserer Meinung nach den Anfang dieser Veränderung dar. Es gibt in Deutschland eine Rechtspartei, die auch dieses Jahr erneut in den Bundestag einziehen wird, und es gibt allerorts Projekte und Mobilisierungen, die von jungen Menschen getragen werden.
Das ist zunächst einmal der Ausgangspunkt. In diese Szenerie wollen wir nun mit der GegenUni das nötige Wissen hineintragen, damit aus dem eher diffusen Nebeneinander von Parlamentsarbeit, Aktivismus, alternativen Medien und Verlagswesen ein breitenwirksames Mosaik wird; gemeinsame weltanschauliche Grundlagen und ein offenes Verständnis für verschiedene theoretische und praktische Herangehensweisen stellen gewissermaßen den Kitt dieses Mosaiks dar. Und dieser Kitt, dieses Wissen, beschränkt sich selbstverständlich nicht auf die Grundlagen rechter Staatstheorie oder die Anleitung zur Gestaltung eines Wahlplakates – obwohl schon in diesen beiden Punkten eindeutig Nachholbedarf besteht. Das sind ganz fundamentale Kompetenzen, die andere Parteien und politischen Bewegungen über Jahrzehnte erlernt oder sogar eingekauft haben.
Und mit dem Kompetenzbegriff sind wir beim zentralen Punkt angekommen, nicht nur der Frage, sondern auch der gesamten modernen Bildungswissenschaften. Die Vermittlung von Kompetenzen umfasst nämlich sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Anleitung – und zudem auch die Fähigkeit zur Reflektion des Erlernten. Das Ziel politischer Bildung ist so gesehen auch die Formulierung und Vermittlung von politischen Kernkompetenzen: Oppositionskompetenz, Aktivismuskompetenz, Medienkompetenz, irgendwann: Regierungskompetenz. Und jede dieser Kompetenzen umfasst neben neurechter Theorie natürlich auch juristisches Wissen, Kommunikationstechniken, Methoden der Teamführung, Selbstreflektion, Schulung im Umgang mit bestimmten Technologien und vieles mehr.
Wenn man diese Liste durchgeht, merkt man schnell, dass das Angebot der GegenUni sich keinesfalls auf Lektürekurse und Theorieseminare beschränken kann – und doch müssen diese stets im Zentrum der Arbeit stehen, denn man kann beispielhaft anhand der Adenauer-Stiftung sehen, wie konservative politische Bildung zur bloßen Worthülse verkommt, wenn ihr ein rechter weltanschaulicher Kern abhanden geht. Zugleich wird deutlich, vor was für einer Mammutaufgabe wir stehen, und aus diesem Grund sind wir uns auch keineswegs zu fein, aktiv um finanzielle und personelle Unterstützung zu bitten. Aber wir sind zuversichtlich: Was wir haben, und was uns klar von den Parteistiftungen und Think Tanks dieser Republik unterscheidet, sind echter Idealismus und eine wirkliche politische Vision für unser Heimatland. Alles andere kommt, wie es kommt.
Beim Begriff „Gegenuni“ denken viele sicherlich zuerst an Rudi Dutschke, den SDS und die entsprechende „Gegenuniversität“ bzw. „Kritische Universität“ in West-Berlin, aber nicht an patriotische Studenten. Inwieweit standen die 68er Pate für die „Gegenuni“ und wie unterscheidet sie sich von ihrem linken Vorgänger?
Es ist natürlich eine beliebte Erzählung innerhalb des konservativen und patriotischen Spektrums, dass die 68er-Generation ausgehend von der Beeinflussung durch das Frankfurter Institut für Sozialforschung und andere linke bis marxistische Denkschmieden einen »langen Marsch durch die Institutionen« antrat und die alte, noch sehr konservative Bundesrepublik innerhalb weniger Jahrzehnte zu dem machte, was wir heute erleben. Und an dieser Erzählung ist sicherlich vieles richtig, wenngleich es auch hier einige Kritikpunkte geben kann. Nichtsdestotrotz ist für uns weniger wichtig, was früher einmal war, sondern eher, was heute ansteht.
Fakt ist: Die heutige Linke ist überhaupt nicht mehr in der Lage, ein Projekt wie die GegenUni auch nur ansatzweise zu stemmen. Sinnbildlich dafür darf vielleicht die gleichnamige Veranstaltungsreihe diverser linker Frankfurter Studentengruppen herhalten, die Anfang der 2010er-Jahre auch regelmäßig eine sogenannte »Gegenuni« zum Semesterstart abhielten. Was kam dabei herum? Ein kleiner Haufen Linksradikaler hielt eine Woche lang autonome Tutorien zu Themen wie Queerfeminismus und Postkolonialismus in einer abrissreifen Schmutzbude neben dem Frankfurter IfS-Gebäude, welche sie auch noch passend »Das irrelevante Institut« nannten. Mittlerweile kriegen sie nicht einmal das mehr hin, und ihre intellektuellen und unternehmerischen Leistungen beschränken sich auf das parasitäre Festhalten an AStA-Geldern und einen peinlichen Kleinkrieg gegen die CDU- und FDP-nahen Hochschulgruppen – und natürlich gegen andere linke Splittergruppen. So oder so ähnlich geht es an fast allen deutschen Universitäten zu; von einer Vorbildfunktion dieser Elendslinken für unser Projekt kann also beileibe nicht die Rede sein.
Die linke Hegemonie an den Hochschulen kann und konnte sich jedoch immer auch auf Rückhalt bei zumindest einigen Professoren verlassen, wie Wolfgang Abendroth oder Max Horkheimer. Dem dürfte kein „rechtes“ Pendant gegenüberstehen. Wie will die „Gegenuni“ diesem strukturellen Nachteil begegnen?
Sehr richtig, das kann man nicht verneinen. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir aus der gesellschaftlichen Randposition heraus agieren, aber wir dürfen uns von dieser Position auch nicht verunsichern lassen. Dabei müsste man eigentlich noch eine Schippe draufsetzen: Die Linke kam nicht nur in den Genuss linker Professoren, sondern hatte besonders um 1968 herum auch breite Unterstützung von reichen Mäzenen, Industriellen, Verlegern, Fernsehredakteuren, Journalisten und Politikern. Man kann davon sprechen, dass die westliche »Kulturrevolution« der Linken sehr starken Rückhalt unter elitären Schichten besaß, von dem Rechte heute nur träumen können. Dies liegt meiner Meinung nach daran, dass sich mit 1968 die Rollen vertauscht haben und seitdem die Linke vor allem für die kulturellen Anliegen der progressiven Elite kämpft (häufig, ohne dies selbst zu begreifen), währen Konservative und Rechte heute eigentlich die Interessen der Mehrheit des Volkes, darunter auch besonders die der sprichwörtlichen kleinen Leute vertreten. Aber das nur am Rande.
Wie gehen wir nun mit diesem strukturellen Nachteil um? An allererster Stelle müssen wir versuchen, ihn nicht als Nachteil, sondern als Vorteil für unsere Sache zu begreifen. Dass wir die metapolitisch hegemoniale Linke, das politisch-mediale Establishment und den gesamten akademischen Betrieb gegen uns haben wirkt in dem Sinne für uns, dass es gewissermaßen den Selektionsdruck auf unsere eigenen Leute erhöht. Wer in dieser Situation effektiv intellektuelle Opposition machen will, der braucht Durchhaltevermögen, Klugheit, strategisches Bewusstsein, Idealismus und hohes persönliches Engagement. Das ist leicht gesagt, aber in der Realität kann jeder einzelne Mensch immer nur ein bestimmtes Maß an solchen Tugenden mitbringen, und außerdem muss auch jeder auf seine persönlichen Belastungsgrenzen achten. Das ist schon sehr hart, aber es trennt eben auch recht schnell die wirklichen Macher von den Mitläufern – und Macher sind im akademischen Bereich sonst sehr selten geworden.
Und wenn wir es nun einmal doch schaffen, diesen schmalen Grad zu gehen und durchzuhalten, wer soll uns dann noch stoppen? Ich bin überzeugt davon, dass ein durchschnittlicher angepasster Akademiker in den meinungsrelevanten Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in seiner ganzen Laufbahn auf weniger Widerstände stößt als wir im ersten halben Jahr unserer GU-Gründung. Und das haben wir dann wahrscheinlich tatsächlich mit Rudi Dutschke und seinen Mitstreitern gemein, zumindest mehr als ihre linken Nachfolger: Uns geht es um etwas, wir kämpfen für etwas, und wir bringen in diesem Prozess sehr große persönliche Opfer. Aber erstens können wir einfach nicht anders, und zweitens ist es genau dieser Prozess, der uns den Erfolg bescheren wird. Davon bin ich ebenso fest überzeugt, sonst hätte ich diesen Weg nicht eingeschlagen.
Um vielleicht zunächst eine grundsätzliche Frage zu klären: Warum braucht es überhaupt eine „GegenUni“?
Dies ist eine sehr gute Frage, auf die ich oben schon teilweise einging. Genau dieselbe Frage stellte uns auch ein FAZ-Journalist direkt nachdem wir mit unserem Projekt an die Öffentlichkeit gingen. Ich beantwortete sie ihm ausführlich, und obwohl er sonst in seiner Berichterstattung für die FAZ natürlich kaum auf meine umfangreiche Antwort einging, zitierte er mich dort sogar wörtlich. Er hatte mich gefragt, ob die GegenUni als neurechter Think Tank zu verstehen sein, und ich schrieb ihm:
» Eine Universität, an der man mit Masterarbeiten über Judith Butler, Karl Marx oder Michel Foucault eine akademische Karriere begründen kann, die aber zugleich das Denken eines Carl Schmitt, Arnold Gehlen oder Alain de Benoist systematisch diskreditiert, beschwört ihre GegenUni geradezu selbst.« Und etwas weiter: »Die GegenUni soll in dem Maße Think Tank der Neuen Rechten werden, wie die bestehenden Universitäten seit Jahrzehnten Think Tanks der Neuen Linken geworden sind.«
Damit ist das wesentliche Anliegen der GegenUni schon ausgedrückt. Die Universitäten dienen dem Nationalstaat per Definition als Think Tanks und Ausbildungsstätte der kommenden Generation an Führungskräften und Intellektuellen. Insofern müsste es eigentlich selbstverständlich und gewissermaßen verpflichtend sein, dass dort eine patriotische Haltung und ein positiver Bezug auf tradierte Werte ebenso zum Bildungskanon gehören wie technologische, philosophische oder wissenschaftliche Unterweisung.
Doch dieses Wertegerüst wurde so lange vernachlässigt und schlussendlich ausgehöhlt, dass die eigentlichen Fachbereiche heutzutage mehr oder weniger im luftleeren Raum schweben – was von linken Intellektuellen natürlich als Gelegenheit genutzt wird, ihre Ideologie sukzessive in alle Bereiche des akademischen Lebens zu injizieren. So stehen wir heute vor der traurigen Situation, dass alle neuen und teilweise sehr spannenden interdisziplinären Forschungsfelder von vornherein durch unhinterfragbare linke Prämissen beschränkt sind – man denke an die Transformationsforschung, neue ökologischen Ansätze oder auch Fragen der Grenz-, Migrations- und Globalisierungsforschung.
Dem versuchen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten zumindest ansatzweise etwas entgegenzustellen. Dabei geht es primär nicht um Szenebespaßung, sondern eher um den Versuch, Aufmerksamkeit auf dieses akademische Ungleichgewicht zu lenken und rechten politischen und gesellschaftlichen Prämissen zumindest in einem kleinen Rahmen zu wissenschaftlicher Geltung zu verhelfen. Wenn von unseren derzeit rund 250 eingeschriebenen GU-Studenten – nebenbei bemerkt ein großer Erfolg für uns nach kaum zwei Monaten – zehn oder zwanzig selbst akademische Karriere machen, dann sind das in ein paar Jahren schon einmal ein bis zwei Dutzend rechte Akademiker mehr.
Dies mag man aus einer pessimistischen Perspektive als »Tropfen auf dem heißen Stein« bezeichnen, man kann es aber auch gemeinsam mit uns optimistisch angehen und sehen, welche Chancen ein Projekt wie die GegenUni entwickeln kann, sobald es zahlenmäßig skaliert. Und an dieser Skalierung kann jeder konkret Anteil nehmen, sei es durch eine Fördermitgliedschaft oder eine großzügige Spende, sei es durch aktive Teilnahme und Bewerbung unserer Bildungsinhalte.
Die alten Hochschulen würden „endgültig von Elfenbeintürmen in Elfenbeinfabriken verwandelt, in denen professorale Fachidioten studentische Fachidioten ausbilden“, so hieß es vor etwas mehr als 50 Jahren im Vorlesungsverzeichnis der „Kritischen Universität“. Mittlerweile haben wir Jahrzehnte der Entwicklung hinter uns, Massenuniversität, Bologna-Prozess und vieles mehr. Wie steht es rein sachlich um die deutschen Hochschulen?
Die Qualitätsentwicklung des Hochschulwesens ist ein ganz eigenes Thema, zu dem man ebenso viel sagen könnte wie zu unserer inhaltlichen Abgrenzung und Einflussnahme. Fest steht, dass die sogenannte Vermassung und die Bologna-Reformen die Universitäten teilweise zu weiter-weiterführenden Schulen umgewandelt haben, in denen eine große Anzahl von Studenten Dinge lernt, die teilweise besser in dualen Studiengängen oder an Fachhochschulen bzw. technischen Universitäten aufgehoben wären.
Dies darf man jedoch nicht als Generalangriff auf die Mühen des akademischen Personals missverstehen – abgesehen von den weltanschaulichen Schieflagen kann sich das deutsche Hochschulwesen zurecht eines sehr guten internationalen Rufes erfreuen. Das Problem ist eher, dass man auch in diesen Punkten zunehmend von der historischen deutschen Besonderheit des Bildungswesens abrückt: Wo ein Universitätsstudium vor einigen Jahrzehnten noch eine umfangreiche und weitgehend selbständige Auseinandersetzung mit philosophischen und theoretischen Grundlagen des jeweiligen Faches voraussetze, geht es heute vermehrt um das Erwerben international vergleichbarer Bildungsabschlüsse.
Wichtig ist heute vor allem der Master-Titel einer angesehenen Universität, der auch von Hochschulen und Unternehmen im Ausland anerkannt wird; dies hat immer weniger mit dem elitenbildenden, fördernden und fordernden Ansatz eines klassischen Universitätsstudiums zu tun. So betrachtet sind der Qualitätsverlust und die Vermassung akademischer Studiengänge zwei Kehrseiten derselben Medaille, die auf die Namen der Globalisierung und des Neoliberalismus hört – grenzoffener Waren- und Wissensverkehr machen auch vor tradierten Institutionen keinen Halt. Und das ist nun erst einmal eine Tatsache, auf die man irgendwie reagieren müsste, um das konkrete Besondere am deutschen Universitätswesen zu retten. Aber damit betreten wir natürlich einen Bereich, auf den wir als GegenUni zunächst einmal nur symbolisch und im Kleinen einwirken können.
Für Patrioten und Rechte gehören neben den allgemeinen Problemen zudem oft noch politische Probleme zum Studienalltag, die linke Hegemonie an den Hochschulen, insbesondere im geisteswissenschaftlichen Bereich, ist auch außerhalb von studentischen Kreisen bekannt. Wie ist euer Blick darauf und soll die „GegenUni“ darauf auch eine Antwort sein?
Das praktische Ziel ist letztlich die Vernetzung einer Gemeinschaft interessierter GU-Studenten an den Universitäten und darüber hinaus. Wenn wir in ein paar Jahren soweit sind, in einer beliebigen deutschen Universitätsstadt zwei bis drei Dutzend rechte oder rechtsoffene Studenten und Universitätsmitarbeiter und einige politisch interessierte Nichtakademiker zu unseren Mitgliedern und Unterstützern zu zählen, kann man diesbezüglich von einem großen Erfolg sprechen: Dann ist der Zeitpunkt gekommen, diese Netzwerke auch lokal zu organisieren und aktiv auf die Hochschulpolitik einzuwirken. Eines der großen Probleme ist beispielsweise, dass zurzeit überhaupt keine AfD-nahe Hochschulpolitik in Deutschland stattfinden kann, weil jede Gruppenbildung sofort massivem Druck der Linken und der linksliberalen Öffentlichkeit ausgesetzt ist. Dadurch, dass wir zunächst online und dezentral intellektuelle Opposition organisieren, können wir später bereits auf ein Netzwerk und eine Struktur zurückgreifen, wenn es an das konkrete hochschulpolitische Engagement geht.
Ein anderes Problem ist natürlich, dass die Zeit im Studentenleben nicht anhält – auch wenn sich das für viele eine Zeitlang so anfühlen mag. Gerade die Leser dieses Mediums, die vielleicht zu Teilen aus einem burschenschaftlichen Milieu stammen und dort ihre Studententage verbracht haben, dürften dies selbst kennen: Man geht durch seine »Sturm und Drang«-Zeit, schwört einander Treue und gemeinsam die Welt zu verändern, und dann steht man fünf Jahre nach dem Studienabschluss mitten im bürgerlichen Leben mit Job, Frau, erstem Kind und womöglich einer Hypothek für das Eigenheim. Das ist auch erst einmal gut und richtig so, denn die politische Rechte sollte keine bloße Jugendszene oder Subkultur sein, aber es birgt auch den Nachteil, dass das Engagement irgendwann einschläft oder sogar riskant für die eigene bürgerliche Existenz wird. Und nun stelle man sich einmal vor, jemand ist zwar politisch oder intellektuell rechtsoffen, hat aber keine Burschenschaftserfahrungen gemacht und folglich auch keine anhaltenden Verknüpfungen zu anderen rechten Akademikern geschlossen. Wie sollte derjenige nun mit Anfang 30 und festem Arbeitsplatz irgendwie politisch aktiv werden können außer einmal alle paar Jahre sein Kreuz bei der AfD zu machen?
Unser Angebot spricht auch dezidiert diese Zielgruppe an, von der es weit mehr gibt, als man es sich bisweilen denkt: Rechte oder rechtsoffene Studenten und Absolventen, die aber aufgrund regionaler oder milieutechnischer Hintergründe keinen eigenen Bezug zu rechten Akademikerschaften haben –und auch keinen aufbauen können, weil sie sonst sofort in ihrem beruflichen oder universitären Umfeld verbrannt sind. Um das noch einmal auf die Universität Frankfurt zu beziehen, sind dort alleine zum laufenden Sommersemester rund 42.500 Studenten eingeschrieben. Wenn davon auch nur zehn Prozent irgendwie offen für rechtes Denken sind, kommen wir auf über 4.000 potenzielle rechte Studenten nur in Frankfurt – und von denen werden die allermeisten zurzeit überhaupt nicht bespielt, sie gehen uns einfach verloren. Das muss sich ändern.
Mittlerweile sind die ersten Wochen und Presseartikel ins Land gegangen und die ersten Seminare haben gestartet. Wie ist euer bisheriges Resümee der Arbeit als „GegenUni“, wie sind die Rückmeldungen und der Erfolg?
Zunächst einmal ist es eine sehr erfreuliche Rückmeldung, dass unser Angebot bereits von knapp 250 zahlenden GU-Studenten genutzt wird, von denen viele sich sogar direkt für eine Jahres- statt einer Monatsmitgliedschaft entschieden haben. Nach dieser ersten Welle arbeiten wir nun daran, unser Angebot zu professionalisieren und weiter auszubauen, bevor wir zum Wintersemester (das im Oktober starten wird) mit einem größeren und umfangreicheren Angebot und einer neuen Öffentlichkeitskampagne auf noch mehr Mitglieder abzielen.
Die Presseberichterstattung war wie zu erwarten bis auf einige wenige Ausnahmen überwiegend denunziatorischer Natur, aber damit hatten wir gerechnet. Womit wir nicht gerechnet haben war hingegen das große Interesse unter potenziellen Dozenten, von denen wir bereits einige Anfragen erhalten haben – darunter auch international arbeitende Universitätsdozenten. Dies erfüllt uns mit Stolz, weil unsere Projektidee bei vielen auf Begeisterung trifft, doch wollen wir zu diesem Zeitpunkt erst einmal organisch wachsen und vor allem jungen rechten Akademikern eine Möglichkeit geben, bei uns Seminare und Lesekreise anzubieten.
Bislang dominieren vor allem Lesekreise das Angebot, ist in Zukunft noch eine Erweiterung geplant?
Richtig, wobei man bei uns unter »Lesekreisen« eigentlich eher das verstehen muss, was an der Universität als »Lektüreseminar« bezeichnet wird: Der Dozent arbeitet systematisch ein klassisches oder aktuelles rechtes Werk durch (beispielsweise Carl Schmitts Begriff des Politischen oder auch Alain de Benoist‘ Kritik der Menschenrechte) und führt den Teilnehmer an die Hintergründe, Kernaussagen, Kritikpunkte und weiterführenden Lektüreempfehlungen heran. Es ist also am ehesten vergleichbar mit dem Vorgehen in einem Hochschulseminar, wenn beispielsweise in den ersten Lektionen ein bestimmtes Grundlagenwerk zu einem Thema wirklich gemeinsam durchgearbeitet wird – die Teilnehmer werden daher auch stets dazu angehalten, die Literatur selbst zu kaufen und zu lesen, weil der Dozent natürlich in der gegebenen Zeit nur bestimmte Punkte herausgreifen und diskutieren kann, die er für besonders wichtig erachtet.
Neben der Lesekreise bieten wir auch klassische Seminare an, so etwa in diesem Sommersemester die Neurechte Totalitarismuskritik, die sich systematisch mit der Totalitarismustheorie und -forschung behandelt und die verschiedenen totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts, zuvorderst natürlich Bolschewismus und Nationalsozialismus, aus der Sicht dieser Theorien abhandelt. Wie der Name des Seminars verrät, ist es ausgesprochenes Ziel des Seminars, den herrschenden linken und liberalen Totalitarismusbegriffen einen eigenen Begriff entgegenzusetzen, mit dem die Neue Rechte diese historischen Phänomene beurteilen und kritisieren kann, ohne sich dabei im diskursiven Terrain des heutigen politischen Gegners zu verirren. Solche Seminare bilden neben den Lesekreisen das Kernstück unseres Angebotes, und von ihnen soll es gerade in Zukunft weitaus mehr geben.
Als drittes Standbein fungieren unsere »Gastvorlesungen«, die wir relativ flexibel entweder tatsächlich als Vorlesungs- oder aber auch als Gesprächsformat halten, und in welchen bekannte Stimmen aus dem rechtsintellektuellen Spektrum zu bestimmten Themen zu Wort kommen. Neben all dem liegt unser Fokus zurzeit auch auf der Ausarbeitung von Praxisseminaren, die etwa die visuelle Kommunikation politischer Botschaften oder das Politmarketing behandeln sollen. Gerade Letzteres dürfte für zusätzlich zu unserem eigentlichen Publikum vor allem Akteure aus Bewegungen und Parteien wie der AfD, sowie aus Bürgervereinigungen, Publikationsmedien oder dem Verlagswesen ansprechen. Etwaige Interessenten, gerade auch aus AfD und JA, sind herzlich eingeladen, uns diesbezüglich zu kontaktieren.
Homepage: www.gegenuni.de