Woke Meinungsmacherin

Früher Herr Görz, heute Frau Görz (1)

Woker Journalismus und das Selbstbestimmungsgesetz. FREILICH stellt die transsexuelle Ex-Chefredakteurin Io Görz vor.

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Früher Herr Görz, heute Frau Görz (1)
LGBT-Flagge© Tony Webster, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Bild zugeschnitten)

Hinweis der Redaktion: Aufgrund der vagen Rechtslage sehen wir uns dazu gezwungen, Io Görz in unserem Recherchebeitrag als Frau und Meinungsmacherin zu bezeichnen sowie das Pronomen „sie“ und die Bezeichnung „(Ex)-Chefredakteurin“ zu verwenden.


Die Debatte um das geplante Selbstbestimmungsgesetz spaltet die öffentliche Meinung wie kaum ein anderes Thema. Befürworter argumentieren, eine unbürokratische Änderung von Geschlecht und Vornamen seien für die rechtliche Gleichstellung von Transsexuellen längst überfällig. Kritiker weisen demgegenüber darauf hin, dass das Geschlecht biologisch determiniert sei. Zudem beschränke das Gesetzesvorhaben die Redefreiheit, breche weibliche Schutzräume auf und ermögliche dem Staat Eingriffe in die sexuelle Entwicklung von Jugendlichen.

Ein ausgesprochener Verfechter des Selbstbestimmungsgesetzes ist die transsexuelle Journalistin Io Görz, vormals Johannes Görz. Görz stieg im Juli 2019 zur Chefredakteurin der regionalen Online-Zeitung inFranken auf und wird laut eigenem Twitter-Profil demnächst zum Nachrichtenportal t-online nach Berlin wechseln. Ein Foto zeigt die frischgebackene inFranken-Redaktionsleiterin noch als einen damals stämmigen 35-Jährigen mit Dreitagebart, Glatze und schwarzen Rollkragenpulli.

Die Überraschung über Görzens neue sexuelle Identität kam zweieinhalb Jahre später: Anfang 2022 twitterte Görz, man möge sie bitte nicht mehr mit ihrem „deadname“ ansprechen. Ihr neuer Name laute nun Görz, Io Kassandra Görz. Ihr neues Geschlecht sei „nicht-binär trans“. Ihr neues Profilbild? Eine hagere Person mit Haut so weiß wie Schnee, Fingernägeln so rot wie Blut und einer Lederjacke so schwarz wie Ebenholz.

Selbstbestimmung oder freie Rede?

InFranken versammelt als Online-Auftritt die Inhalte fränkischer Regionalzeitungen. Seit Io Görzens Aufstieg zur Chefredakteurin konnte allerdings eine signifikante Ausrichtung auf überregionale Themen mit einem starken Fokus auf transsexuelle Belange nicht übersehen werden.

Am 18. Februar 2022 forderte Görz per Videobotschaft auf inFranken ein Verbot des sogenannten Misgenderns im Bundestag. Zuvor hatte Beatrix von Storch (AfD) den transsexuellen Grünen-Abgeordneten Markus Ganserer alias Tessa Ganserer im Bundestag als Mann bezeichnet. Hierdurch habe von Storch geleugnet, dass Markus Ganserer eine Frau sei. Mit ihren Aussagen appelliere von Storch an die niedrigsten Instinkte im Volk und sei für die zunehmende Gewalt gegen Transsexuelle mitverantwortlich. Görz verlangte daher „rechtlichen Schutz […] vor verbaler Gewalt wie am Donnerstag im Bundestag“.

Die freie Rede von Bundestagsabgeordneten stellt einen der Grundpfeiler der parlamentarischen Demokratie dar, der in Artikel 46 des Grundgesetzes besonders geschützt ist. Rechtlicher Schutz gegen Äußerungen von Bundestagsabgeordneten – wie von Görz gefordert – ist nur gegen Verleumdungen möglich. Da es sich bei einer Verleumdung stets um eine bewusste Lüge handeln muss, berührt diese Forderung weitaus mehr als nur die Redefreiheit im Parlament. Es geht letztendlich um die Frage, was einen Mann und eine Frau ausmacht. FREILICH erhielt von Görz keine Antwort auf die Frage, ob er sich für eine Strafverfolgung von Bundestagsabgeordneten im Falle des sogenannten Misgenderns ausspreche.

Der AfD-Familienpolitiker Gereon Bollmann argumentierte, dass diese Frage auf biologischer Ebene eindeutig sei: Verfüge eine Person über zwei X-Chromosomen, sei sie weiblich, bei einem X- und einem Y-Chromosom männlich. Die Befürworter des Selbstbestimmungsgesetzes gingen „von ihrem krankhaften Wahn“ und nicht von der Realität aus.

Ein über alle Kulturen beobachtbarer Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht darin, dass Männer im Durchschnitt weitaus häufiger straffällig werden als Frauen. Schwedische Forscher stellten in einer Langzeitstudie an 324 Transsexuellen fest, dass weder chirurgische noch hormonelle Geschlechtseingriffe einen signifikanten Einfluss auf die Straffälligkeit haben.

Dieser Befund legt den Schluss nahe, dass das biologische Geschlecht das Verhalten von Menschen weit stärker beeinflusst als die sexuelle Identität. Die britische Frauenorganisation „Fair Play for Women“ widerspricht auf Grundlage dieser Studie dem Recht auf Änderung des eigenen Geschlechts grundsätzlich.

Die Rechtslage in Deutschland

Aktuell entscheiden in Deutschland Amtsgerichte auf Grundlage des Transsexuellengesetzes von 1981 über Geschlechtsänderungsanträge. Transsexuelle müssen derzeit zudem zwei psychologische Gutachten vorlegen, um ihr Geschlecht ändern zu lassen. Hinzu kommt, dass das Transsexuellengesetz keine rechtlichen Konsequenzen für bewusstes Misgendern im Zivilrecht vorsieht. Dies weiß auch Görz: Sie wies FREILICH darauf hin, dass die Verwendung des sogenannten deadname gegenüber Transsexuellen „zumindest äußerst unhöflich“, aber nicht strafbar sei. Dies soll mit dem Selbstbestimmungsgesetz anders werden. Jan Fleischauer geht in diesem Fall von Bußgeldern bis zu 2.500 Euro aus.

George Orwell definierte in seinem dystopischen Roman 1984 Freiheit als die Möglichkeit zu sagen, dass zwei plus zwei nicht sechs, sondern vier ergebe. Sollte es zur Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes nach Görzens Vorstellung kommen, könnte die Freiheit, eine Person mit einem X- und einem Y-Chromosom als Mann zu bezeichnen, sehr teuer werden.

Screenshot Twitter

Wenn es nach Görz ginge, dann würde jede Form von Misgendern auch schon vor Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes zumindest im virtuellen Raum Folgen haben. Ende 2022 forderte sie auf Twitter eine Ausweitung der Cancel Culture im Kampf gegen das „Misgendern“. Wer Transsexuelle mit ihrem biologischen Geschlecht bezeichnet, begehe „psychische Gewalt“. Und wer psychische Gewalt begeht, der gehöre in Görzens Augen auf den sozialen Medien gesperrt, gebannt, gecancelt.

Der AfD-Politiker Sebastian Maack warnt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung davor, Kritiker der Transsexuellen-Bewegung durch ein Selbstbestimmungsgesetz mundtot zu machen. Stattdessen, so der Experte für Familienpolitik und Demografie gegenüber FREILICH, müsse der Frühsexualisierung von Kindern und Jugendlichen im Namen des Gender-Mainstreaming Einhalt geboten werden. Nur so könne man die Schädigung von Kindern in ihrer natürlichen Entwicklung verhindern. Ein gesundes Verhältnis der Kinder zur Sexualität sei Voraussetzung für die spätere Bindungsfähigkeit und damit zur Gründung glücklicher Familien und der Geburt eigener Kinder. Der Kampf gegen die Frühsexualisierung sei somit auch ein Kampf für die dringend benötigte demografische Wende hin zu einer auskömmlichen Geburtenrate.

Selbstbestimmt in die Frauensauna

Kritiker des Selbstbestimmungsgesetzes verweisen auf eine Gefahr für Frauen durch transsexuelle Männer. Der CDU-Politiker Marc Henrichmann warnte in einer Bundestagsrede vom 14. Mai 2021 davor, dass „Männer jetzt plötzlich in Schutzräume von Frauen eindringen.“ Die gleiche Position vertritt die Emma-Gründerin Alice Schwarzer. Laut der feministischen Frauenzeitschrift sei aus der Transsexuellenbewegung inzwischen eine „frauenfeindliche Ideologie geworden, die biologische Fakten leugnet.“

Die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus attackierte die Positionen Henrichmanns und Schwarzers in einem Tweet vom 5. Dezember 2022: Das Selbstbestimmungsgesetz werde kommen, „egal, ob reaktionäre & menschenverachtende Personen(-Gruppen) etwas dagegen haben.“

Screenshot Twitter

In ihrem Tweet verlinkte Paus auf eine wenige Tage zuvor ausgestrahlte Sendung vom „ZDF Magazin Royale“. In dieser Sendung warf der gebührenfinanzierte Satiriker Jan Böhmermann Henrichmann und Schwarzer Hetze gegen Transsexuelle vor. Wer gegen das Selbstbestimmungsgesetz sei, hindere Transsexuelle daran, ihre im Grundgesetz garantierte Entfaltung der Persönlichkeit zu realisieren.

Auf den Tweet der Familienministerin Paus reagierte noch am gleichen Tag Christine Finke. Die feministische Journalistin appellierte an die Vereinten Nationen, dem Treiben um Transsexuellenrechte in Deutschland ein Ende zu setzen.

In diese hitzige Debatte schaltete sich schließlich auch Io Görz ein, der Finkes Appell mit dem „Cringelevel 9000“ bewertete. Finke erinnere an die moralinsaure Pastorengattin Helen Lovejoy aus den Simpsons, neige zu Lügen und sei eine „TERF“ (trans-exclusionary radical feminist).

Screenshot Twitter

Görz legte am 27. Dezember 2022 in einem Gastartikel bei der Zeit nach. Die Verzögerung beim Selbstbestimmungsgesetz habe aus Hoffnung „Ernüchterung und Wut“ werden lassen. Die Befürchtung, dass Transsexuelle Schutzräume für Frauen gefährden würden, seien unbegründet. Dies würden Zahlen aus Argentinien belegen, das bereits seit zehn Jahren ein „Gesetz über die sexuelle Identität“ (Ley de la Identidad de Género) habe: „Es liegen keine Zahlen vor, die ein Problem mit Gewalt durch trans Frauen belegen. Was hingegen auch in Argentinien ein großes Problem ist: Gewalt gegen trans Personen.“

Transsexuelle Menschen in Argentinien

Görzens Aussage zur Gewalt durch Transsexuelle in Argentinien verdient eine genauere Würdigung. Görz behauptet, es gebe in Argentinien keine Zahlen über die Gewalt durch transsexuelle Männer (Gendersprech: trans Frauen). Dies ist korrekt. In der argentinischen Mordstatistik für die Jahre 2017 bis 2021 findet sich lediglich ein Mord durch eine transsexuelle Frau (deutscher Gendersprech: trans Mann; argentinisches Gendersprech: varón trans). Görzens argumentum ad ignorantiam unterstellt jedoch, die statistische Abwesenheit transsexueller Mörder sei gleichbedeutend mit der Abwesenheit von Gewalt durch transsexuelle Männer.

Die argentinischen Kriminalbehörden protokollieren die gewählte Geschlechtsidentität von Opfern und Straftätern allerdings erst seit 2021. Die fehlenden Daten von 2017 bis 2020 wurden schlichtweg rekonstruiert, was Manipulationen durch die argentinische Gendergaga-Politik Tür und Tor öffnet. Hinzu kommt, dass das Geschlecht des Täters oft erst im Laufe der Ermittlungen festgestellt werden kann. Da dies oft Jahre dauert, sind Aussagen über die mutmaßliche Gewalt von transsexuellen Männern auf Grundlage argentinischer Kriminalitätsstatistiken zum jetzigen Zeitpunkt problematisch.

Glücklicherweise liegen jedoch Zahlen vor, die eine indirekte Aussage über die Straffälligkeit und somit auch das Gewaltpotenzial von Transsexuellen in Argentinien zulassen: Laut dem argentinischen Justizministerium entfielen im Jahr 2021 landesweit auf 101.000 Strafgefangene 174 Transsexuelle. Transsexuelle machen somit 0,17 Prozent der Gefängnispopulation aus.

Laut dem vorläufigen Zensus 2022 identifizieren sich 8.300 von 45,8 Millionen Argentiniern als transsexuell. Dies entspricht 0,018 Prozent der Gesamtbevölkerung. Transsexuelle werden somit fast zehnmal so häufig zu Gefängnisstrafen verurteilt, als es ihr Bevölkerungsanteil nahelegt.

Daten des britischen Justizministeriums deuten auf eine signifikante Gefährdung von weiblichen durch männliche Strafgefangene hin: 2019 entfielen in britischen Gefängnissen auf 163 transsexuelle Strafgefangene 129 biologische Männer, die sich als „trans women“ identifizierten.

„Fair Play for Women“ wies darauf hin, dass von diesen 129 männlichen Strafgefangenen 76 Sexualstraftäter waren. Der Anteil von Sexualstraftätern beträgt unter transsexuellen Männern im britischen Strafvollzug folglich 59 Prozent. Demgegenüber wurden nur 17 Prozent aller männlichen und nur 3,3 Prozent aller weiblichen Strafgefangenen wegen Sexualstraftaten verurteilt.

Besonders pikant ist die Tatsache, dass auf das Konto der 76 transsexuellen Straftäter 38 Verurteilungen wegen Pädophilie und 36 Verurteilungen wegen Vergewaltigung gehen. Die Zahlen von „Fair Play for Women“ legen also nahe, dass inhaftierte Transsexuelle mit einer weitaus höheren relativen Häufigkeit Sexualstraftaten begangen haben als normale männliche und weibliche Strafgefangene.

Zutritt zu privaten Frauenräumen

Der Fall von „Karen“ White verdeutlicht die Gefahren des sogenannten Selbstbestimmungsgesetzes für Frauen. Der verurteilte Vergewaltiger, Einbrecher und Kinderschänder entschied eines schönen Tages, im falschen Körper geboren zu sein. Im September 2017 wurde White in ein Frauengefängnis überstellt. Hier rückte er zwei Zellengenossinnen mit seinem voll funktionsfähigen Glied auf den Leib. Kurz darauf überstellte die Gefängnisverwaltung White in ein Männergefängnis.

Das angesprochene Beispiel belegt, dass Schutzräume für Frauen durch das geplante Selbstbestimmungsgesetz stark gefährdet sind. Die Änderung des Geschlechtseintrags ist laut den Plänen der Ampel-Regierung nicht an das biologische Geschlecht geknüpft. Folglich können biologische Männer mit einem voll funktionsfähigen Penis nach Änderung ihres Geschlechts Zutritt nicht nur zu staatlich geführten Frauengefängnissen, sondern auch zu privat geführten Frauenumkleiden und Frauensaunen verlangen.

Als der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) forderte, Privatpersonen sollten auch in Zukunft die Freiheit haben, transsexuelle Männer von Frauensaunen auszuschließen, folgte Görzens Reaktion auf dem Fuße. In einem Freitag-Artikel äußerte sie im Februar 2022 Befremden, dass Buschmann das Selbstbestimmungsgesetz mit „völlig absurden ‚Sorgen‘“ verschleppe. Die Änderung eines Geschlechtseintrags an körperliche Voraussetzungen wie eine Geschlechtsumwandlung zu knüpfen, sei verfassungswidrig. „Warum sollte es weniger diskriminierend sein, den Zugang zu einer Sauna daran festzumachen?“


Der zweite Teil der Recherche wird in den nächsten Tagen veröffentlicht.